Auszug aus der Mitschrift der Gemeindeversammlung vom 22.05.1902:

„Zweck der Versammlung war, ob die Gemeinden Lehnstedt und Neuenhausen eine freiwillige Feuerwehr bilden wollen. Die beiden Gemeinden Lehnstedt und Neuenhausen beschlossen, für sich eine freiwillige Feuerwehr zu bilden. In der Versammlung schenkte der Gutsbesitzer Herr G. Monjé, Neuenhausen, seine im guten Zustand sich befindende Druckspritze den Gemeinden Lehnstedt und Neuenhausen unter der Bedingung, dass er für seine Person von den noch sonst aufzuwendenden Kosten frei sei, welches die Gemeinden dankbar annahmen.

Vorgelesen, genehmigt und beglaubigt, die Gemeindevorsteher
J. Nührenberg, D. Otten“


Das heißt also, der 22. Mai 1902 ist der eigentliche Geburtstag der heutigen Feuerwehr Lehnstedt. Schade ist, dass sämtliche Unterlagen der Feuerwehr von damals verloren gegangen sind.


Aber wie war das nochmal genau damals ? Lehnstedt und Neuenhausen waren also zwei voneinander unabhängige Gemeinden. Und wenn die Überlieferungen stimmen, dann waren sich die beiden Orte damals nie so ganz grün. Deshalb war es ganz und gar keine Selbstverständlichkeit, dass sie gemeinsam eine Feuerwehr bildeten. Politisch ging Neuenhausen erst im Jahre 1929 aufgrund staatlicher Sparmaßnahmen zu Lehnstedt.


Bevor es eine Freiwillige Feuerwehr gab, musste jeder Haushalt einen Feuerhaken und zwei Eimer haben.


So genannte „Feuergeschworene“ wurden berufen. Die Feuergeschworenen waren quasi die Brandschutzbeauftragten von damals, sie mussten Aufsicht führen über Leitern, Haken, Eimer usw. und alle Vierteljahr einmal unerwartet die Feuerstellen, also alle Haushalte besuchen, Herde und Backöfen prüfen, nachsehen, ob die Stallleuchten „in untadelhaftem Zustand“ waren und ob die Asche aus den Öfen auch weit genug von den Gebäuden weg und nicht einfach nur auf den Misthaufen geschüttet wurde (wörtlich aus der Chronik).


Außerdem hatten die „Bauernvoigte“, also die Gemeindevorsteher, damals schon ähnliche Aufgaben wie ein heutiger Ortsbrandmeister. Ein Auszug aus der „Instruction für die Bauernvoigte des Bezirks Stade von 1829 lautet:


§ 14 „Sobald Feuer in der Bauer- oder Nachbarschaft ausbricht, muß der Bauernvoigt die Eingesessenen augenblicklich zur Hülfsleistung auffordern, persönlich an Ort und Stelle begleiten, und vorläufig die Leitung der Löschungs-Anstalten übernehmen, im ersteren Fall auch dem vorgesetzten Unterbedienten, Amte oder Gerichte von dem Unglücke sofort und schleunigst Nachricht geben. Sollte auch in dem Bezirke ein besonderes Feuer-Reglement bestehen, so hat sich derselbe nach den darin enthaltenen Vorschriften unbedingt zu richten. Bey Neubauten ist derselbe verpflichtet dahin zu sehen, dass die vorzurichtenden Gebäude und Backöfen usw. von den älteren Gebäuden vorschriftsmäßig entfernt bleiben, und nöthigenfalls dem Unterbedienten davon Kenntniß zu geben.“


Unter § 1 wurde ihnen übrigens befohlen, stets fleißig, sorgfältig, unverdrossen und außerdem nüchtern zu sein, aber erst in § 28 sollten sie nicht dulden, dass in den Versammlungen Branntwein im Übermaß gereicht werde oder die Zusammenkünfte gar in Saufgelage ausarten.


Im Gründungsjahr hieß unser Gemeindevorsteher und damit gleichzeitiger Leiter der Feuerwehr J. Nührenberg, kurze Zeit später dann Dietrich Gerken. 1908 wurde auf der damaligen Gemeindegrenze das erste Spritzenhaus gebaut, das war aus Holz und diente nebenbei als Kittchen für die „Spitzbuben“ in der Gegend.


Schön ist der Eintrag eines Ratsherren von 1926, der hieß: „Die Gemeinde wird von der Anschaffung einer fahrbaren Druck- und Saugspritze entbunden, da sie im Dorfe gerne pflastern möchte, um aus dem Dreck herauszukommen“.


Bis zum 2. Weltkrieg war dann Heinrich Denker Feuerwehrhauptmann in Lehnstedt. In seiner Amtszeit gab es viele große Brände im Dorf, z.B. 1928 bei Ficken oder 1934 bei Semke. Damals war der Schafdamm der einzige Löschteich im Dorf, und das Wasser wurde mit Eimerketten in Jauchewagen geschöpft, dann zum Hof gefahren und mit der alten Handspritze weitergepumpt. (Sind beide leider trotzdem komplett abgebrannt).


Die erste große technische Errungenschaft war eine gebrauchte pferdegezogene Spritze, leider immer noch von Hand zu betreiben. So hatte wenigstens die Plackerei mit dem Handkarren ein Ende. Nachdem aber nur 2 Jahre später mit Nührenbergs ein weiterer großer Hof abgebrannt ist, wurde 1938 die erste Zisterne in Lehnstedt gebaut.


In besonders strengen Wintern wurden die Leute eingeteilt, Löcher ins Eis des Schafdamms zu schlagen, damit dieser nicht zufriert. 1942 war so ein Winter. Unsere neue technische Errungenschaft erwies sich als Spitzenklasse, weil sie bei einem Großbrand in Uthlede als einzige nicht eingefroren ist!


Nach dem Krieg war Hinrich Brünjes Gemeindebrandmeister. 1949 wurde er von Wilhelm Knieriem abgelöst. In diesem Jahr gab es erneute Erleichterung für die Männer: Eine erste gebrauchte Motorspritze von der Feuerschutzpolizei Bremen. Obwohl es diese Erleichterung gab, fanden sich immer weniger Freiwillige für die Feuerwehr, vielleicht hatte das auch mit dem Krieg zu tun ...


In den 50er Jahren wurden noch einige Zisternen gebaut, die Löschteiche in Schuss gehalten und wieder einmal eine neue Feuerwehrspritze gekauft.


1962 war die Beteiligung mal wieder so schlecht, dass Lehnstedt fast eine Pflichtfeuerwehr bekommen hätte. Daraufhin wurden viele Dorfbewohner konkret angesprochen und überredet, in die Feuerwehr einzutreten. Das hat auch geklappt. Herbert Brünjes wurde zum neuen Brandmeister gewählt, er wurde kurze Zeit später von Wilhelm Otten abgelöst.


Bis 1964 wurden die Feuerwehrmänner des ganzen Dorfes bei Einsätzen durch die Feuerhörner zusammen getrommelt. Vielleicht waren die nicht laut genug, oder den Leuten ging zu schnell die Puste aus, ...jedenfalls wird die Dorfbevölkerung seitdem durch die Sirene alarmiert.


Erst 1973 wurde das erste Feuerwehrfahrzeug gekauft. Weil das alte Spritzen- und Spitzbubenhaus dafür viel zu klein war, wurde eine leerstehende Scheune von Kühl als Garage genutzt.



1974 wurde Henry Otten zum neuen Lehnstedter Ortsbrandmeister gewählt. Drei Jahre später, nämlich 1977 endlich wurde neben dem Dorfgemeinschaftshaus ein Feuerwehrgerätehaus mit Kameradschaftsraum gebaut. In diesem Jahr wurde außerdem das 75-jährige Bestehen der Feuerwehr zusammen mit Wulsbüttel und Albstedt gefeiert. Kurz danach gaben die Lehnstedter ihr Fahrzeug an Heine ab und erhielten ein neues LF 8. Seit 1984 besitzt Lehnstedt Atemschutzgeräte, zwei Jahre später wurde der Ort eine Stützpunktwehr und erhielt ein 2. Fahrzeug, das TLF. Dafür wurde ein zusätzliches Fach an das Gerätehaus angebaut.

1977
von links:

hinten:
Jupp Klawitter, Adolf Krüger, Karl-Heinz Stolz, Jürgen Schlüterbusch, Klaus Jacobs, Manfred Böttjer, Dieter Stolz, Heinz-Ludwig Schumacher, Rolf Thienel, Uwe Kister, Henry Otten, Theo Kohlhoff.

vorne:
Wilfried Wessel, Klaus Böttjer, Holger Wessel.

ca. 1978

von links:
Adolf Krüger, Henry Otten, Klaus Jacobs, Heinz-Ludwig Schumacher, Karl-Heinz Stolz, Horst Kitzmann, Holger Wessel, Uwe Kister, Wilfried Wessel, Dieter Stolz, Jürgen Schlüterbusch, Robert Krüger, Theo Kohlhoff.


1988 wurde Jürgen Schlüterbusch zum Ortsbrandmeister gewählt. In seiner Amtszeit wurden 1989 die ersten Damen in die Feuerwehr aufgenommen: Sylvia Otten, Marion Ficken, Martina Stolz und Birgit Lübsen. Im Jahre 1999 wurde die Jugendfeuerwehr zusammen mit Heine gegründet. Uwe Palait war der erste Lehnstedter Jugendwart. Mit etwa 30 jugendlichen Mitgliedern hat sich Lehnstedts Jugendfeuerwehr als ein wichtiger Pfeiler der Jugendarbeit in der Gemeinde etabliert.


Im Jahre 2001 wurde Kai Palait Lehnstedts Ortsbrandmeister.



In 2002 wurde das Jubiläum "100 Jahre Feuerwehr Lehnstedt" groß gefeiert.
In 2005 erhielt die Wehr ein neues LF 8. Und im Jahre 2009 beging man im Dorf den Kreisjugendfeuerwehrtag mit mehr als 1000 Gästen. Kai Palait wurde 2012 von Sven Finke im Amt des Ortsbrandmeisters abgelöst.


Die Feuerwehr Lehnstedt war - wie andere Organisationen auch - im Laufe der Zeit einem ständigen Wandel unterzogen. Neben den Einsätzen bei Bränden ist die Feuerwehr heute auch da für vorbeugenden Brandschutz, Umweltschutz und Katastrophenschutz, sie befreit Straßen von umgefallenen Bäumen oder Ölspuren, rettet Menschen nach Unfällen, holt auch mal kleine Katzen aus Baumkronen, sichert den Verkehr bei Umzügen und sorgt auch für die Geselligkeit im Dorf durch das Osterfeuer, Laternelaufen, Skat- und Knobelabende und Kohl- und Pinkel-Touren.